Nie wusste man besser als heute, wie verhängnisvoll das Fliegen ist.
Wurden 1997 noch 62 Millionen Passagiere gezählt, die in Deutschland in ein Flugzeug stiegen, sind es heute 119 Millionen pro Jahr. Fast doppelt so viele.
Fliegen ist eine Katastrophe für die Umwelt. Das allein ist keine Neuigkeit. Und doch wusste man nie mehr als heute darüber, wie schädlich das Fliegen wirklich ist – und nie wurde dieses Wissen stärker ignoriert: von Politikern wie von Passagieren.
Meteorologen des Max-Planck-Instituts haben berechnet, dass nur infolge des Flugverkehrs jedes Jahr 6000 Quadratkilometer Meereis in der Arktis schmelzen. Das entspricht ungefähr der achtfachen Fläche Hamburgs.
Im Pariser Klimaabkommen – unterzeichnet von 195 Staaten und der EU, die den CO₂-Ausstoß reduzieren wollen, um die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur zu begrenzen – sind die Emissionen des Flugverkehrs nicht einmal berücksichtigt.
Als der Airbus in der Luft ist und die Häuser Hamburgs langsam immer kleiner werden, lästern die beiden über ihren Trockenkuchen und ihre zweite Tasse Kaffee, für die sie extra bezahlen müssen. „Früher gab es den ja umsonst.“ Die Frau faltet säuberlich den Karton ihres Snacks zusammen, lacht über sich selbst. „Ach, das mache ich automatisch. Wegen der Mülltrennung. Aber Müll trennen die hier wohl nicht.“ Sie sagt, es sei die Zeitersparnis, die sie zum Fliegen treibe. Trotz des vollen Flughafens, trotz des schlechten Service. Zwei Stunden brauchten ihr Kollege und sie mit dem Flieger, fünf mit dem Zug. So ganz kann das nicht stimmen, weil die Flugzeit von Hamburg nach Düsseldorf schon eine Stunde beträgt, dazu der Sicherheitscheck, Anfahrt zum und Abfahrt vom Flughafen.
Vielleicht, sagt der Mann mit dem Einstecktuch, spare er auch weniger Zeit, Fliegen fühle sich aber viel schneller an, und es sei genauso teuer wie Bahnfahren. Warum, fragt er, sollte er da die Bahn nehmen, wie vor zehn Jahren? Was ändere sich schon in der Welt, wenn er auf das bisschen Fliegen verzichte? Führen die beiden Geschäftsleute mit der Bahn, anstatt zu fliegen, würde das dem Erdklima den Gegenwert von 60 Kilogramm CO₂ ersparen. Die Hamburger Geschäftsleute haben ihr jährliches Emissionsbudget fast ausgeschöpft, ohne dass sie noch Auto gefahren sind, dass sie gekocht oder ihre Haare geföhnt haben. Nur durch ihre Geschäftsreisen. Solange es bequem und günstig ist zu fliegen, werden Menschen auch weiterhin ins Flugzeug steigen. Es ist wie mit der einen Zigarette oder dem einen Glas Wein: Man wird immer Argumente finden, warum dieser eine Flug schon in Ordnung ist.
Fliegen ist nur deshalb so erschwinglich, weil der Staat es unterstützt. Weil er die Schäden ignoriert, die das Fliegen anrichtet.
Wie aber kann man das große System bewegen? Der Mobilitätsforscher Andreas Knie glaubt: indem man die Menschen zwingt. Seine radikale Forderung lautet: „Das Fliegen innerhalb Deutschlands muss verboten werden!„. Eine Art Notfallmaßnahme