Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck spricht im Interview über die Chance, ohne Inlandsflüge auszukommen, Frust über das fehlende Klimaschutzgesetz und den Charme des Feierabendbiers im ruckelnden Nachtzug.
https://www.lvz.de/Nachrichten/Politik/Interview-mit-Robert-Habeck-Es-ist-moeglich-bis-2035-keine-Inlandsfluege-mehr-in-Deutschland-zu-haben
Zur Innenpolitik: Halten Sie es für realistisch, bis 2035 keine Inlandsflüge mehr zu benötigen?
Es ist möglich und erstrebenswert, bis ins Jahr 2035 keine Inlandsflüge mehr in Deutschland zu haben. Die Bahnstrecken müssen dafür aber massiv ausgebaut werden. Schnelle Verbindungen wie zwischen Berlin und Hannover oder Hamburg oder wie beim Sprinter zwischen Berlin und München brauchen wir viel häufiger.
Wie wollen Sie die Anreize für Verbraucher verändern?
Das ist gar nicht so kompliziert. Kerosin für Binnenflüge muss normal besteuert werden. Im Gesetz steht das übrigens auch so, aber dann kommt die Ausnahme für die gewerbliche Luftfahrt. Wir müssen nur die Ausnahme streichen. Mit den Einnahmen von etwa 500 Millionen Euro könnte man die Mehrwertsteuer auf Bahntickets verringern, was etwa 400 Millionen Euro kostet. Das könnten wir ab Herbst 2019 einführen. Da müssten wir gar nicht bis 2035 warten.
Glauben Sie, dass die Menschen das mitmachen? Die Flugzahlen sind auf Rekordniveau.
Die meisten Inlandsflüge sind keine Freizeitflüge. Da treffen sie vor allem Geschäftsleute und Beamte. Da können wir direkt ansetzen.
Wie?
In der Bundesreisekostenverordnung steht, dass Flüge bezahlt werden, wenn sie wirtschaftlicher sind. In der Praxis werden Beamte und Berater von Ministerien angehalten zu fliegen, weil das so günstig ist. Ich fände es richtig, das zu ändern. Der Staat muss beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle übernehmen. In der Reisekostenverordnung sollte festgeschrieben werden, dass in der Regel die klimafreundlichste Alternative genutzt werden sollte. Das würde Binnenflüge deutlich reduzieren. Für Unternehmen wäre es sicher ein Anreiz, sich anzuschließen.