Über 36000 Verbindungen pro Tag: Flugverkehr in Europa erreicht Schmerzgrenze

https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/ueber-36000-verbindungen-pro-tag-flugverkehr-in-europa-erreicht-schmerzgrenze-132959448

So sieht der Luftraum über Europa aus. Nachhaltig ist anders.

Mit einem jährlichen Passagierwachstum von drei bis vier Prozent wird es in Zukunft aber noch enger werden im europäischen Luftraum. Viel europäische Airlines rüsten denn auch massiv auf: So hat Eurowings gegenüber dem Vorjahr die Zahl der Flüge um 340 erhöht, Easyjet hat 119 Flüge mehr im Angebot, bei Ryanair sind es plus 115 Flüge.

Na, da kann man sich ja denken, was das für die Treibhausgasemissionen bedeutet. Frohe Weihnachten.

Ryanair verschärft erneut Regeln für das Handgepäck

Schon ein bisschen älter, aber um das in Erinnerung zu rufen:

Der Billigflieger Ryanair ändert seine Bestimmungen beim Gepäck. Für kleine Koffer wird künftig eine Gebühr fällig. Nur die Mitnahme einer Handtasche oder eines Rucksacks, der unter den Sitz passt, ist noch kostenlos.

https://rp-online.de/leben/reisen/news/ryanair-verschaerft-erneut-regeln-fuer-das-handgepaeck_aid-32119951

http://www.reisereporter.de/artikel/5354-ryanair-schafft-kostenloses-handgepaeck-ab-neue-regelung-mit-verschaerfung-ab-november

Wer bei Ryanair kein Priority bucht, darf ab dem 1. November dieses Jahres nur noch eine kleine Tasche (zum Beispiel Damenhandtasche) kostenlos mitnehmen. Das Handgepäckstück (bis zu zehn Kilogramm), das bisher ebenfalls gratis war, allerdings in den Frachtraum gepackt wurde, muss künftig eingecheckt werden. Das kostet 8 Euro bei der Buchung und 10 Euro nach der Buchung.

Für Priority-Kunden ist die Mitnahme von zwei Handgepäckstücken weiterhin kostenlos. Der Priority-Service selbst kostet 6 Euro bei der Buchung und 8 Euro, wenn er erst nach der Buchung hinzugefügt wird.

Im Klartext heißt das: In Zukunft ist es günstiger, Priority zu buchen, als den Handgepäckkoffer kostenpflichtig mitzunehmen. Aber: Pro Flug ist die Anzahl der verfügbaren Priority-Gäste auf 95 von 189 Passagieren begrenzt, teilt Ryanair mit.

Also: effektiv ein Weg teurere Tickets zu verkaufen.

Da lob ich mir doch meinen Nachtzug. Übersichtliches Preissystem und soviel Gepäck wie ich lustig bin.

Warum nachhaltiger Konsum nicht funktioniert

Stromsparende Kühlschränke, Recyclingpapier, sparsame Autos, fair gehandelter Bio-Kaffee: Seit Anfang der 1990-er Jahre geistert der nachhaltige Konsum durch die Abschlusserklärungen internationaler Klima- und Nachhaltigkeitskonferenzen. Die Idee: Wenn alle sparsamere und umweltfreundlich produzierte Produkte kaufen, könnten wir Ressourcen, Umwelt und Atmosphäre schonen. Ein Vierteljahrhundert später zeigt sich: Nachhaltige Produkte boomen zwar – doch die Probleme der Konsumgesellschaft lassen sich auch mit noch so grünem Konsum nicht lösen. „Die schlechte Nachricht lautet, dass sich dieser Markterfolg nicht in sinkenden Umweltbelastungen, namentlich in sinkenden konsumbezogenen CO2-Emissionen der verschiedenen Konsumbereiche widerspiegelt“, schreibt das Umweltbundesamt in einer Marktanalyse.

Man beachte wie oft das Wort Flugreise auftaucht!

1. Das Potenzial nachhaltigen Konsums wird überschätzt.

Bei den privaten Emissionen gibt es eine enorme Bandbreite. Wer sparsam lebt, erzeugt vielleicht nur fünf Tonnen im Jahr, andere locker das Dreifache oder mehr. Wenn diese Schwergewichte dazu gebracht werden könnten, in den wichtigsten Bereichen – Wärme, Strom, Mobilität – abzuspecken, wäre viel gewonnen. Nur: keiner wird das freiwillig machen. Und schon gar nicht in allen relevanten Bereichen. Der größere Teil des enormen Potenzials wird schlicht und einfach nicht zu heben sein. In den allermeisten Fällen wird es bei Symbolhandlungen bleiben.

2. Wer energiesparende Geräte kauft, verbraucht mehr Strom.

Aus der Rebound-Forschung ist das Paradox bekannt, dass Einsparungen zu Verschwendung führen: Wer seinen Haushalt mit sparsamen LED-Lampen ausstattet, erliegt leicht der Versuchung, das Licht länger brennen zu lassen. Verbraucht ja nichts. Selbst wer disziplinierter ist, kann das bei der Stromrechnung eingesparte Geld in ein neues Auto, einen Urlaubsflug oder fossile Aktien investieren. Und so den Umweltvorteil durch die sparsamere Beleuchtung zunichtemachen.

3. Steigende Ansprüche machen Effizienzgewinne zunichte.

Grüne Produkte könnten helfen, Energie und Ressourcen zu sparen. Tun sie aber nicht – weil wir von allem immer mehr brauchen: „Die Ansprüche der Konsumentinnen und Konsumenten an Wohnraum, Ausstattung, individuelle Mobilität und Ernährung steigen seit Jahren an. Pro Kopf steigt die Wohnfläche kontinuierlich an, elektronische Geräte werden vermehrt angeschafft und häufiger genutzt, es werden längere Wege zurückgelegt, und der Fleischkonsum ist anhaltend hoch“, schreibt das Umweltbundesamt. Offenbar ist nicht nur der Konsum das Problem. Sondern auch unsere Ansprüche.

4. Umweltbewusstsein hin oder her: Wer viel verdient, schädigt die Umwelt mehr.

Eine Auswertung des Umweltbundesamts zeigt: Wer viel verdient, lebt umso mehr auf Kosten der Umwelt. Denn egal, was wir mit unserer Gehaltserhöhung tun, ob Haus- oder Autokauf, ob Flugreise oder Elektronik: Jede Umwandlung von Geld in Dinge oder Dienstleistungen wird sich klima- und umweltschädlich auswirken. Im Umkehrschluss heißt das: Wenn die Deutschen im Schnitt weniger Geld zur Verfügung hätten, wäre der Umwelt mehr geholfen als mit allen Nachhaltigkeitsstrategien und Klimaverpflichtungen der Bundesregierung zusammen. Einen ernüchternden Beleg für den Zusammenhang von Einkommen und umweltschädlichem Verhalten erbrachte eine Umfrage unter Grünen-Wählern: Von allen Parteianhängern fliegen sie am meisten. Weil sie überdurchschnittlich viel Geld verdienen.

5. Kompensationssysteme machen umweltschädliches Verhalten moralisch erschwinglich.

Fliegen war mal verpönt – als diejenige Verhaltensweise, mit der wir in kürzester Zeit am meisten Schaden für das Klima anrichten können. Seit wir bei atmosfair und Co. die Schweinerei vermeintlich wiedergutmachen können, ist fliegen moralisch wieder erschwinglich – und nur unmerklich teurer: Günstig jetten mit gutem Gefühl. Begrenzt wird der Flugverkehr dadurch nicht. Im Gegenteil: Bis 2035 könnte sich nach Berechnungen von Expertender Flugverkehr in Europa – und die Emissionen daraus – verdoppeln.

6. Echte grüne Produkte sind immer schwerer zu erkennen.

Seit ruchbar wurde, dass unser Konsum der Umwelt schadet, versuchen Hersteller, den Absatz ihrer Produkte mit grünen Versprechen anzukurbeln. Während Bio-Siegel und andere Label zumindest handfeste Mindeststandards garantieren, ist die Stichhaltigkeit von labbrigen Nachhaltigkeitsversprechen à la „Wir tun was für die Umwelt“ für den Konsumenten meist nicht zu durchschauen. Ein Beispiel: Wer „Ökostrom“ von einem der großen Versorger bezieht, tut nicht unbedingt etwas für die Energiewende. Denn viele Anbieter verschieben nur den Anteil an billiger Wasserkraft, den sie ohnehin beziehen, auf das Öko-Kundenkonto. Andere Kunden erhalten dadurch anteilig mehr Atom- und Kohlestrom. Für die Umwelt gewonnen ist damit nichts.

7. Umweltbewusste Konsumenten werden mehr. Die anderen auch.

Es gibt immer mehr aufgeklärte Konsumenten, die wirklich was für die Umwelt tun wollen. Gleichzeitig gibt es immer mehr Egal- und Hauptsache-billig-Konsumenten. Unter dem Strich verliert die Umwelt. Es gibt immer mehr Radler, immer mehr Führerschein-Verweigerer, autolose Menschen und Carsharer – aber auch immer mehr schwere Autos auf immer mehr Straßen, immer mehr Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese und Flugreisen in ferne Länder.

8. Die nachhaltige Produktwelt wird immer supermarktiger.

Bioläden sehen heute aus wie ganz normale Supermärkte: Regale voll mit überflüssigen Putz- und Waschmitteln, natürlich alle super biologisch abbaubar, Kartoffeln aus Ägypten, Avocado aus Peru, regalweise Kaffee und Schokolade aus Südamerika oder Afrika. So macht bio Spaß, so lässt es sich herrlich unbeschwert shoppen. Wie früher eben. Blöd nur, dass ein wachsender Teil dieses Sortiments mittlerweile nicht mehr aus Deutschland stammt, dass wir für unsere Produkte immer mehr Flächen und Wasser in ärmeren Ländern beanspruchen.

9. Freundliche Einladungen zum Ausprobieren wirken genauso wenig wie Moralpredigten.

10. Nachhaltigkeit ja – aber bitte nur, wenn sie nicht wehtut.

Im Schnitt ist jede/r Deutsche für jährlich zwölf Tonnen Klimagas-Emissionen verantwortlich. Global verantwortbar wäre: höchstens eine. Da kommen wir mit einem neuen A+++-Kühlschrank, einem Elektroauto, einer hippen Solar-Taschenlampe und einem bio-fairen Kaffee im Mehrwegbecher nicht ganz hin.  Wer es mit der Nachhaltigkeit ernst meint, muss bereit sein, sein Leben zu ändern. Statt niedrigschwellige „Einfach-Anfangen!“-Angebote an notorische Vielkonsumierer zu machen, sollten Politiker, Umweltbewegte und Medienmenschen Tacheles reden: Eine Tonne, das geht. Aber es wird richtig wehtun!

11. Falsche Vergleiche sollen den „nachhaltigen“ Konsum ankurbeln

12. Solange die Preise nicht die Wahrheit sagen, wird die Produktion umweltschädlich bleiben.

Am Ende entscheidet immer der Preis. Auch wenn viele Konsumenten sich gegen die Verlockung stemmen, zum billigeren und umweltschädlichen Produkt zu greifen: Hier muss die Politik eingreifen. Ihre Aufgabe ist es, im Sinne von Nachhaltigkeit und Tierschutz dafür zu sorgen, dass die wahren (Umwelt-)Kosten der Billigproduktion in den Verkaufspreis einfließen. Wenn im Preis von Fleisch alle Klima- und Umweltschäden enthalten wären (vom Tierleid ganz zu schweigen), wäre mit einem Schlag ein riesiger Posten unserer ernährungsbedingten Emissionen erledigt.

13. Konsumenten konsumieren. Politik machen müssen Politiker.

Die Debatte, ob und inwiefern Konsum auch politisch ist, ist so alt wie die Idee des nachhaltigen Konsums. Aber es hilft nichts: Wir werden mit dem Kassenzettel keine drastischen Geschwindigkeitsbegrenzungen, kein Straßenbau-Moratorium erwirken, keine CO2-Steuer einführen oder gar Emissions-Budgets für jeden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Wind- und Sonnenstrom zum Durchbruch verholfen hat, ist nicht das Ergebnis einer Konsumenten-Petition mit dem Rechnungsbeleg. Sondern politische Rahmensetzung.

14. Die Idee des nachhaltigen Konsums verkennt das Wesen der Konsumgesellschaft.

Deren Antrieb ist: Immer mehr in immer kürzerer Zeit. Um diesen Anspruch zu realisieren, müssen permanent neue Bedürfnisse geweckt werden – um die Nachfrage nach immer neuen Produkten aufrecht zu erhalten. Nachhaltig wäre genau das Gegenteil: nicht konsumieren. Sondern Dinge pflegen, reparieren, tauschen, lange nutzen. Wer Nachhaltigkeit will, sollte auf Wirtschaftswachstum verzichten können. Wie wir auch ohne Wachstum gut leben können, das erzählen uns Postwachstumsökonomen seit Jahren. Nur hört irgendwie niemand zu.

https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/19468-rtkl-gruene-produkte-warum-nachhaltiger-konsum-nicht-funktioniert-14?utm_source=facebook&utm_medium=posting&utm_campaign=geo_fanpage

 

Auf der Suche nach dem verlorenen Sinn

Paradox: Die Deutschen geben viel Geld für Reisen aus,besonders für Fernreisen – zugleich gilt vielen der Umweltschutz als sehr wichtig. Felix Ekardt, Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig und Berlin sowie Professor an der Uni Rostock, schreibt darüber, warum es uns so schwer fällt, unser widersprüchliches Verhalten zu ändern, und wie es doch gelingen könnte.

Der lang ersehnte Trip nach Feuerland, Malaysia, Neuseeland oder auf die Malediven ist für viele das größte Ereignis schlechthin. Und der schnelle Wochenendausflug nach Florenz oder Barcelona gilt als eine Selbstverständlichkeit.

Zugleich ist die Flugreise ökologisch so ziemlich das größte Desaster, das einzelne Personen anrichten können. Insbesondere riesige Klimagasemissionen fallen an, einschließlich der verheerenden Folgewirkungen des Klimawandels für Ökosysteme und Artenvielfalt. Fluglärm und Luftschadstoffe kommen noch oben drauf, mit tödlichen Folgen für andere Menschen – und auf lange Sicht womöglich für die Menschheit insgesamt.

Dennoch: Will man die globale Erwärmung aber gemäß dem Paris-Abkommen auf deutlich unter zwei und möglichst sogar 1,5 Grad begrenzen, müssen die Emissionen in allen Sektoren – Verkehr, Energieversorgung, Landwirtschaft – weltweit in ein bis zwei Jahrzehnten auf Null sinken. Neben technischem Wandel verlangt das auch neue Lebensstile. Ständig durch die Weltgeschichte zu gondeln, ist damit schlicht nicht vereinbar; und doch sind gerade Ökos oft große Vielflieger, denn wer politisch interessiert und gebildet ist, ist oft auch weltläufig eingestellt und recht wohlhabend.

Das paradoxe Ergebnis sind dann beispielsweise junge Leute, die jedes Gramm Plastik und jede Kilowattstunde Strom sparen, aber doch gerne mal nach Feuerland zum Wandern fliegen oder mal schnell bei alten Erasmus-Freunden in Spanien vorbeischauen.

https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-04/fernreisen-tourismus-umweltschutz-reisen-nachhaltigkeit-sinnsuche

Was, wenn nicht Plastik?

Abbaubare Tüten, Bambusbesteck, Laubteller – das alles soll geächtetes Plastik ersetzen. Doch die Alternativen sind oft nicht besser. Besonders irreführend: Bioplastik.

https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-07/muell-bioplastik-plastik-plastikmuell-recycling

Der Begriff Bioplastik sei nicht geschützt und daher nicht eindeutig, sagt Wurm. Auf der einen Seite kann ein Kunststoff gemeint sein, der aus einem biologischen Stoff gewonnen wird. Auf der anderen Seite kann es sich dabei um einen Stoff handeln, der zwar künstlich gewonnen wird, sich aber in der Umwelt unter bestimmten Bedingungen zersetzt.

Kunststoffe, die aus Pflanzen gewonnen werden, seien oft genauso langlebig wie herkömmliche Kunststoffe. Landen sie in der Umwelt, verursachen sie ähnliche Probleme.

Bioplastik in die gelbe Tonne zu werfen, ist ebenfalls keine Lösung: Wie herkömmliches Plastik lässt sich das Material bisher nicht recyceln. „In Deutschland machen solche Stoffe meist keinen Sinn“, sagt Wurm. Hier sei es oftmals besser, auf herkömmliche Kunststoffe zurückzugreifen, weil sie zumindest teilweise recycelbar sind.

Eine Papiertüte zu kaufen und sie nur einmal zu benutzen, sei beispielsweise nicht besser, als eine Plastiktüte mehrmals zu verwenden. Einen Leinenbeutel müssten Verbraucher mehr als 30-mal nutzen, damit er einer Tüte aus Plastik überlegen ist. Ähnlich verhält es sich mit Alternativen wie Holzbesteck und Papptellern.

Die meisten Plastikalternativen schneiden in Umweltbilanzen nicht besser ab.