Gerade erst bin ich geflogen. Ganz ungünstig lagen zwei Recherchetermine – einer ging in Köln bis spätabends, der andere schon am nächsten Vormittag in Bologna los. Verschieben war nicht möglich, der Job in Italien war wichtig und das Geld konnte meine Familie gut gebrauchen. Also flog ich.
Mit zwei ganz großen Unterschieden zu früher: Ich suchte zuerst lange und vergeblich nach einer passenden Nachtzugverbindung. Und: Ich hatte ein verdammt schlechtes Gefühl dabei. Das, obwohl der Flug nur 70 Euro kostete und ich sogar inklusive CO2-Ausgleich gegenüber der Bahnfahrt mindestens zwei Drittel gespart hatte.
Statt am Flughafen das Jetset-Gefühl zu genießen, betrachtete ich meinen Boardingpass trotzdem mit einem extrem miesen Gewissen. Denn ich weiß ja, dass ich damit zu einer globalen Minderheit von nur fünf Prozent der Weltbevölkerung gehöre, die in diesem Jahr ein Flugzeug betreten wird – und damit für hundert Prozent der Menschen den Planeten ein bisschen unwirtlicher macht. Mit meinem asozialen Verhalten trage ich zu zwei Prozent der globalen CO2-Emissionen bei, und meine Ausrede dafür ist eher schwach.
Wäre die allgemeine Flugscham noch größer, hätte ich den zweiten Termin wohl abgesagt. Noch habe ich aber seit Greta Thunbergs mehrtägiger Zugfahrt von Stockholm zum Weltwirtschaftsgipfel in Davos nur diesen privaten Vorsatz: Ich bleibe ab jetzt am Boden.